Avatar

In Avatar geht es zu wie in einem Tatort mit Til Schweiger. Ein gewaltiges Spektakel, viel fliegt durch die Luft, manches geht kaputt, einige sterben. Der Film von James Cameron ist eigentlich ganz unterhaltsam, aber sehr lang. Für den Kern der Geschichte hätte man so viel Material nicht verschießen brauchen: Held wider Willen gerät zwischen die Fronten, romantische Verwicklungen treten hinzu, großes Unrecht kann in letzter Sekunde verhindert werden, alles endet gut.

Dazwischen befindet sich vermutlich vieles, was man extra mit Blick auf spektakuläre 3D-Vorführungen gedreht hat oder eingesetzt hat, weil es eben gerade heute so leicht technisch machbar ist. Im Dunkeln leuchtet der Wald von Pandora (so heißt das Ding, auf dem das Ganze spielt), wenn man auf dem Waldboden oder irgendwelchen bemoosten flächen herumdackelt. Hm, gibt's so was auch bei World of Warcraft? Vermutlich. Und überhaupt hat das Ganze  offenbar auch eine Art Arbeitsbeschaffungsmaßnahmencharakter für die Computeranimationsindustrie. Mit den ganzen für die Animation Verantwortlichen hätte man gleich die Massenszenen live drehen können. So hat aber jeder und jede ein bisschen Anteil (im Nachspann) an der großen Angeberei, die die Computeranimation immer darstellt. Große Teile der Landschaft wirken aber nicht besonders realistisch, zum Beispiel die schwebenden Felsen. So was gibt's doch nur in Galaxy Life oder ähnlichen Spielen. Früher hätte man wenigstens noch die Fäden gesehen, an denen solche Hirngespinste aufgehängt sind, aber heute kann man sich ja auch das sparen. Immerhin, so hofft man, trägt der technische Fortschritt dazu bei, dass Sam Worthington sich nicht extra für den Film eine Querschnittslähmung zuziehen musste, sondern alles etwas überretuschiert wurde.

Drehtechnisch muss man aber schon anmerken, dass fraglich ist, ob man im infernalischen Finale, bei dem wieder einmal der Kampf einer überlegen technisierten Zivilisation mit einer (diesmal sehr lang und blau geratenen) Rasse von Eingeborenen gezeigt wird - und zur Freude des Zuschauers, der im Zweifelsfall der überlegen technisierten Zivilisation angehören dürfte, die langen blauen Eingeborenen den Sieg davontragen dürfen -, seit dem Sieg der Ewoks über das erzböse galaktische Imperium wirklich etwas Neues sieht. Bäume, Tiere und Holzwaffen besiegen in Guerillataktik (teilweise auch ganz ohne Taktik) fürchterliche Kampfmaschinen und gut ausgebildete Soldaten im Wald. Ist das Vietnam? Man weiß es nicht. Mit eingeklemmten Schwänzen ziehen die Menschen am Ende ab, die blauen Eingeborenen tragen ihre stattdessen in der Höhe. Die aufrichtigen Menschen dürfen bleiben, und die allerliebsten werden sogar in den Stamm aufgenommen.

Ja. So ist es im Film. Und im richtigen Leben? Bleibt da wirklich ein Auge trocken, wo man eine geeignete Stelle für den Kryptonit-Abbau gefunden hat? Insbesondere dann, wenn sich an besagter Stelle ein widerspenstiger Haufen Einheimischer befindet? Na, der Zuschauer bleibt zu Recht skeptisch! Aber dafür geht man ja auch ins Kino, dass man mal Sachen sieht, die so im richtigen Leben nicht vorkommen. Und die blauen Eingeborenen sind ja im Vergleich noch nicht einmal am Weitesten hergeholt.