Spaced

Du kannst verstehen, dass man wegen Jar-Jar Binx selbst einen 11jährigen zur Sau machen möchte? Und dass es therapeutische Wirkung haben kann, Lara Croft ertrinken zu lassen? Du findest es auch zum Heulen, dass am Ende von "Die Rückkehr der Jedi-Ritter" kleine knuddelige Kreaturen ein ganzes Imperium zu Fall bringen? Dann sei dir die britische Comedy-Serie "Spaced" ans Herz gelegt! Die Handlung ist schnell zusammengefasst: Comiczeichner Tim (Simon Pegg) und Möchtegern-Journalistin Daisy (Jessica Stevenson) befinden sich beide in London auf Wohnungssuche; er, weil seine Freundin was mit seinem Kumpel Dwayne angefangen und ihn vor die Tür gesetzt hat; sie, weil sie aus ihrer aus einer Hausbesetzung heraus entstandenen, ständig zugedröhnten Wohngemeinschaft entkommen möchte. Beim Frühstück läuft man sich zufällig über den Weg, und durch regelmäßiges Treffen im gleichen Cafe werden Tim und Daisy zu einer wohnungssuchenden Schicksalsgemeinschaft. Am Rande der Verzweiflung entdecken Sie die Anzeige für die perfekte Wohnung, doch die Sache hat einen Haken: Ein Paar wird gesucht! Man entschließt sich zum Täuschungsversuch, und ehe man sich versieht, wohnen Tim und Daisy als scheinbares "Musterpärchen" unter einem Dach mit der alleinstehenden Vermieterin Marsha, die auch ohne besonderen Anlass gerne die Sekt- bzw. Weinkorken knallen lässt und die Zigarette nur aus dem Mund nimmt, um eben jene Getränke zuzuführen. Bei ihr lebt die Teenie-Tochter Amber, deren "Auftritte" sich darauf beschränken, im Off von ihrer Mutter angebrüllt zu werden und anschließend mit fliegenden Zöpfen und mit bloßem Auge kaum erkennbar die Treppe hinunter und aus dem Haus zu stürmen. Außerdem gibt es einen Untermieter, den wortkargen Künstler Brian, der mit ungewöhnlichen Methoden versucht, abstrakten Konzepten wie Schmerz, Zorn und Aggression konkrete, physische Form zu verleihen, und der seine Miete an Marsha ebenfalls in konkreter, physischer Form zu zahlen scheint.

Zu den Hausbewohnern gesellen sich regelmäßig Tims bester Kumpel Mike, ein Waffen- und Militärfanatiker, der seinen Traumjob in der britischen Armee durch den Versuch, Paris auf eigene Faust mit einem Panzer einzunehmen, schon nach kurzer Zeit verloren hat, sowie Daisys Freundin Twist, die im Modebusiness tätig ist (sie arbeitet in einer Reinigung) und keine Gelegenheit auslässt, Daisy mit der Nase auf ihre Unzulänglichkeiten zu stoßen. Wer "Sean of the Dead" und "Hot Fuzz" gesehen hat, weiß, dass Simon Pegg und Konsorten absolute Filmfanatiker sind und es verstehen, Genreklassiker auf respektlose, aber trotzdem liebevolle Weise komplett auseinander und auf die Schippe zu nehmen. Darum geht es zum Teil auch in Spaced: Die Charaktere erleben in jeder Folge recht simpel gestrickte Geschichten, in denen es von Film- und Serienzitaten nur so wimmelt. So mancher Plot wird arg gebogen und gestreckt, um in einzelnen Szenen komplette Filmszenarien in wunderbar übertriebener und abgewandelter Form wieder auferstehen zu lassen. Exemplarisch sei hier die Folge mit dem Roboter Fight Club aufgeführt, in dem Tim und Mike ihren selbstgebastelten "Private Iron" inmitten von fanatischen Fans mit freien Oberkörpern und ausgeprägter Achselbehaarung antreten lassen ("And the second rule of the robot fight club is: no smoking"). Eine kurze Traumsequenz von Tim in einer der ersten Folgen zeigt auch, wie die Idee mit den Zombies und deren blutiger Bekämpfung schon vor "Sean of the Dead" ihren Anfang nahm. Reines Nerd-Theater also? Keineswegs, denn das, was man an Spaced lieben lernt, sind nicht primär die vielen Anspielungen und Zitate, sondern die trotz manchmal unglaubwürdiger Handlungstränge absolut real und liebenswert wirkenden Charaktere. Grundverschiedene Leute mit jeder Menge Macken werden zusammengeführt und mögen sich doch irgendwie, und wir mögen mit. Den Darstellern, die teilweise vor Spaced wenig bis keine Schauspielerfahrung aufzuweisen hatten (z.B. Nick Frost alias Mike), merkt man in jedem Moment an, mit wie viel Spass und Liebe fürs Detail sie bei der Sache waren. Einige Nebenfiguren, wie der bemerkenswerte Partykönig und Fahrradkurier Tyres, der auch im Alltag keinem Rhythmus wiederstehen kann, spielen sich, wenn man den Interviews auf der Bonus-DVD glauben darf, mehr oder weniger selbst (ihm ist auch das Titelzitat dieses Textes zu verdanken). Man hat das Gefühl, hier hat sich einfach eine Gruppe von "loveable losers" zusammengetan, um ihr Lebensgefühl auf den Bildschirm zu bringen und nebenbei die großen Filme ihrer Generation durch den Kakao zu ziehen. Damit kann man sich mit großem Vergnügen identifizieren, und am Ende der zweiten Staffel vermisst man die sympathische Truppe und ist traurig, dass es nicht zu mehr gereicht hat. Aber dann kam eben der große Erfolg mit "Sean of the Dead", vermutlich hätte es danach nicht mehr funktioniert, sympathische Erfolglosigkeit so authentisch darzustellen...