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Blade Runner

Blade Runner ist ein unbestrittenes Meisterwerk des Science-Fiction-Filmes, aber er ist auch ein sehr seltsamer Film. Er scheint auf der Erde zu spielen, aber es ist nicht ganz die Erde, die wir kennen. Es ist dort immer dunkel und es regnet. Manche Menschen haben dennoch Sonnenbrillen auf. Einige Menschen wohnen auch in Wohnungen. Jetzt könnte man ja denken, dass die Leute wenigstens in ihren Wohnungen Licht machen, wenn es schon draußen immer so dunkel ist. Aber weit gefehlt: zwar gibt es in den Häusern Lampen, aber es handelt sich um absolute Tranfunzeln, die fast mehr Schatten zu werfen scheinen, als dass sie irgend etwas beleuchten. Manche Menschen haben sich etwas Besonderes ausgedacht und tragen Regenschirme, die an Leuchtstoffröhren befestigt zu sein scheinen. Damit haben sie eigentlich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Aber auch diese Menschen sehen im Regendunkel nicht sonderlich glücklicher aus als die anderen, die  Regenschirme ohne Leuchtstoffröhren spazieren führen (ca. jede(r) Zweite) oder gar keinen Regenschirm und zusätzlich keine Leuchtstoffröhre zu besitzen scheinen (Deckard, der Blade Runner zum Beispiel, gespielt von Woody Harrelson Harrison Ford).

Vielleicht gucken auch alle immer etwas betrübt und griesgrämig, weil dauernd die unerträglichen Sounds der Filmmusik von Vangelis durchs Bild jaulen und jammern. Da kann einem schon etwas die Petersilie verhageln. Möglicherweise sind aber auch alle eher deswegen tendenziell besorgt, weil sie sich beständig mit der Aussicht konfrontiert sehen, einem Replikanten oder einer Replikantin zu begegnen. Das könnte auch der Grund dafür sein, dass sie es in ihren Wohnungen auch so dunkel halten - damit die Replikanten sie nicht so gut entdecken. Aber das scheint mir eher zweifelhaft. Die Replikanten sind nämlich in allem etwas besser als die Menschen. Replikanten sehen zwar ziemlich aus wie Menschen, sie sind abr nicht richtig aus Mensch gemacht, sondern von der Tyrell-Corporation ausgedacht und aus anderem Zeugs zusammengesetzt - Augen, zum Beispiel, die von Bärtigen in ziemlich kalten Kühlräumen zusammengestoppelt werden, aber anscheinend fast besser funktionieren als normal gewachsene Augen (daher auch der Slogan more human than human). Da die Replikanten für Arbeiten eingesetzt werden, für die man richtige Menschen mit ziemlichen Verlockungen anheuern muss ("weit weg!", "72-Stunden-Woche", "kein Urlaub!", "lebensfeindliches Klima!"), ist man ziemlich erpicht darauf, dass sie ihren Replikantenstadel möglichst nicht verlassen, weil man berechtigte Angst hat, dass sie auf die Erde kommen könnten, um den Menschen, die sie erschaffen haben, ziemlich einen vor die Mappe zu hauen. Genau das passiert aber: eine kleine Gruppe von Replikanten um Billy Idol herum (Rutger Hauer, der sich im Film aber Roy Batty nennt) kommt auf die Erde zurück, um den Menschen, die sie erschaffen haben, ziemlich einen vor die Mappe zu hauen. Nicht aber, ohne zuvor ein bisschen mehr über sich selbst erfahren zu wollen. Viel zu erfahren gibt es da allerdings nicht, weil die Replikanten im Wesentlichen so geschaffen werden, wie sie sind (ausgewachsen) und im Ganzen nur 4 Jahre zu leben haben. Das finden die Replikanten natürlich ziemlich doof und sind daher berechtigterweise recht sauer, was auch die meisten Menschen zu spüren bekommen, mit denen sie es zu tun haben (andere Blade Runner als Deckard, J. F. Sebastian (er kriegt es mit Pris - Daryl Hannah - zu tun), alte Männer mit Bärten, denen die Schläuche aus dem Weihnachtsmantel gezupft werden, Herr Tyrell). Deckard hat nun den Auftrag, die Replikanten in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen (eine etwas drastische Ausdrucksweise für "abmurksen"), so recht Lust hat er darauf zwar nicht, aber die Entscheidung wird ihm durch gut gemeinte erpresserische Ratschläge etwas leichter gemacht.

Im Verlauf des Filmes wird man dann Zeuge, wie Deckard sich nach Kräften müht, die Replikanten zu vermöbeln, ohne dabei selbst allzu viel Nasenbluten zu riskieren. Aber er kriegt dabei auch ordentlich einen auf die Mütze. Am Ende steht es aber doch ca. 4:0 für Deckard, der dann mit einer Nexus-6-Replikantin (Rachel, gespielt von Sean Penn Young) nach Irgendwo abdüsen darf, um eine Replikantenfamilie zu gründen. Ob Deckard selber aber ein Mensch ist oder ein Origami-Tierchen, bleibt am Ende offen - da muss sich jeder selbst ein Bild machen.